Ed Motta: Der brasilianische Sänger zelebriert auf seinem neuen Album vergangene Dekaden. Also alles wie immer. Nur besser.
Es ist was faul im Staate Dänemark. Sagt Ed Motta. In "The Required Dress Code" ist es eine dahin geworfene Assoziation auf einer Party im Foyer eines Hotels. Um das Hamlet-Zitat rankt sich ein kleines, feines Fusionstückchen. Ed Motta zeigt auf "Criterion of the senses" wieder eindrucksvoll, was er kann. Oberschülerjazz der achtziger Jahre mit entspannten, höchst tanzbaren modernen Easy-Listening-Harmonien zu kombinieren - das Konzept geht auf.
Auf seinem 18. Album hat sich die Crème de la crème der brasilianischen Studiomusiker versammelt. Das ist kaum nachzuprüfen; man glaubt es einfach mal. Aber hören kann man es. An der Spielfreude, der Leichtigkeit, dem immer etwas augenzwinkernden Rumgedaddel, das nur die Top-Leute draufhaben - die können es auch da unten, die Jazzer. Obwohl sich Motta ja bei seinen Auftritten in Europa regelmäßig wundert, dass man von "da unten" spricht, wenn man Brasilien meint. Er, der Weltenbummler, sieht das naturgemäß genau anders herum. Für ihn ist Deutschland ganz unten. Und das ist ausnahmsweise nicht gesellschaftskritisch gemeint - wenn Motta eins nicht ist, dann politisch.
Acht Lieder sind auf "Alles eine Frage des Gefühls" - frei übersetzt - zu entdecken, immerhin eins mehr als auf dem Album, das für Motta und Konsorten zum Maß aller Dinge geworden ist, "Gaucho" von Steely Dan. Nach mehrmaligem Hören lässt man sich ein auf die kleinen Geschichten, die Mr. Motta zu erzählen hat. Man kuschelt sich in seine Stimme wie in ein flauschiges Federbett. Man bedauert ihn beim ersten Stück, als er auf der Reise nach Prag am Flughafen sein Gepäck verliert. Man wiegt sich bei einer Caipirinha zu "Sweetest Berry". Funk und Barjazz vom Feinsten, das Wurlitzer wabert, die Orgel tremolot fröhlich vor sich hin, und Motta, den man ja immer hinter dem Klavier vermutet, spielt hübsche Singlenotes auf der Gitarre. Man kichert bei "Novice Never Noticed" über komische Vocodertöne vom Hohner Clavinet (dass es das noch gibt...), während George Duke grinsend hinter dem Marshall-Amp hervorlugt, man freut sich bei "The Tiki's Broken There" über die glockenklare Stimme von Cidalia Castro und die fadoähnlichen Töne der Bassklarinette - Motta hat es schon immer verstanden, aktuelle Sounds und Old-School-Klänge miteinander zu vergnubbeln.
Mottas Texte sind kleine, lyrische Kabinettstückchen Die schönste Idee hat er beim letzten Stück, "Shoulder Pads". Er singt mit reduzierter Rhetorik darüber, dass er die 80er Jahre vermisst. Seine Schulterpolster, die Reinigungsflüssigkeit für die Tonköpfe seines Videorecorders, seinen Walkman. Ihm genügen drei Zeilen Text, um Bilder im Kopf herbei zu rufen. Tolle, stampfende Rhythmik, Motta multiinstrumentalisiert sich die Seele aus dem Leib. Man erinnert sich an Manfred Mann's "Lies Through The 80s" - nur blöderweise klingt die Nummer trotzdem eher wie ein Fragment. Funktioniert trotzdem - man schaltet den CD-Player mit guter Laune aus, aber, mal ehrlich, Mr. Motta, da wäre mehr drin gewesen.
Diesmal wirkt es gar nicht so, als ob er ständig die großen Kollegen zitiert - Al Jarreau, Donald Fagen, Bobby McFerrin - Motta klingt authentischer als je zuvor. Tolles, zeitloses Album des Ausnahmesängers. Übrigens: Auch die Artwork ist großes Kino: Auf dem Cover von Edna Lopez wimmelt es nur so vor Grashüpfern.
Ab Oktober ist Ed Motta auf Tour: Allein zwanzig Konzerte spielt er in Deutschland. Am 3. November stellt er im Jazz-Club am Lindener Berg das neue Album vor. Hingehen, zuhören, staunen, lächeln.
Auf seinem 18. Album hat sich die Crème de la crème der brasilianischen Studiomusiker versammelt. Das ist kaum nachzuprüfen; man glaubt es einfach mal. Aber hören kann man es. An der Spielfreude, der Leichtigkeit, dem immer etwas augenzwinkernden Rumgedaddel, das nur die Top-Leute draufhaben - die können es auch da unten, die Jazzer. Obwohl sich Motta ja bei seinen Auftritten in Europa regelmäßig wundert, dass man von "da unten" spricht, wenn man Brasilien meint. Er, der Weltenbummler, sieht das naturgemäß genau anders herum. Für ihn ist Deutschland ganz unten. Und das ist ausnahmsweise nicht gesellschaftskritisch gemeint - wenn Motta eins nicht ist, dann politisch.
Acht Lieder sind auf "Alles eine Frage des Gefühls" - frei übersetzt - zu entdecken, immerhin eins mehr als auf dem Album, das für Motta und Konsorten zum Maß aller Dinge geworden ist, "Gaucho" von Steely Dan. Nach mehrmaligem Hören lässt man sich ein auf die kleinen Geschichten, die Mr. Motta zu erzählen hat. Man kuschelt sich in seine Stimme wie in ein flauschiges Federbett. Man bedauert ihn beim ersten Stück, als er auf der Reise nach Prag am Flughafen sein Gepäck verliert. Man wiegt sich bei einer Caipirinha zu "Sweetest Berry". Funk und Barjazz vom Feinsten, das Wurlitzer wabert, die Orgel tremolot fröhlich vor sich hin, und Motta, den man ja immer hinter dem Klavier vermutet, spielt hübsche Singlenotes auf der Gitarre. Man kichert bei "Novice Never Noticed" über komische Vocodertöne vom Hohner Clavinet (dass es das noch gibt...), während George Duke grinsend hinter dem Marshall-Amp hervorlugt, man freut sich bei "The Tiki's Broken There" über die glockenklare Stimme von Cidalia Castro und die fadoähnlichen Töne der Bassklarinette - Motta hat es schon immer verstanden, aktuelle Sounds und Old-School-Klänge miteinander zu vergnubbeln.
Mottas Texte sind kleine, lyrische Kabinettstückchen Die schönste Idee hat er beim letzten Stück, "Shoulder Pads". Er singt mit reduzierter Rhetorik darüber, dass er die 80er Jahre vermisst. Seine Schulterpolster, die Reinigungsflüssigkeit für die Tonköpfe seines Videorecorders, seinen Walkman. Ihm genügen drei Zeilen Text, um Bilder im Kopf herbei zu rufen. Tolle, stampfende Rhythmik, Motta multiinstrumentalisiert sich die Seele aus dem Leib. Man erinnert sich an Manfred Mann's "Lies Through The 80s" - nur blöderweise klingt die Nummer trotzdem eher wie ein Fragment. Funktioniert trotzdem - man schaltet den CD-Player mit guter Laune aus, aber, mal ehrlich, Mr. Motta, da wäre mehr drin gewesen.
Diesmal wirkt es gar nicht so, als ob er ständig die großen Kollegen zitiert - Al Jarreau, Donald Fagen, Bobby McFerrin - Motta klingt authentischer als je zuvor. Tolles, zeitloses Album des Ausnahmesängers. Übrigens: Auch die Artwork ist großes Kino: Auf dem Cover von Edna Lopez wimmelt es nur so vor Grashüpfern.
Ab Oktober ist Ed Motta auf Tour: Allein zwanzig Konzerte spielt er in Deutschland. Am 3. November stellt er im Jazz-Club am Lindener Berg das neue Album vor. Hingehen, zuhören, staunen, lächeln.
Ed Motta: Criterion of the senses
Erscheinungsdatum: 20. September 2018
Auf Membran media (must have)
Hier sind zwei Konzertberichte über Eduardo Motta: Jazz-Club und Movimentos
Erscheinungsdatum: 20. September 2018
Auf Membran media (must have)
Hier sind zwei Konzertberichte über Eduardo Motta: Jazz-Club und Movimentos