Der erste Streich: Fury In The Slaughterhouse
übertreffen alle Erwartungen - und sich gegenseitig
übertreffen alle Erwartungen - und sich gegenseitig
25 000. In Worten: Fünfundzwanzigtausend. So viele Fans wollten im Jahr 2013 die Band aus Hannover auf der EXPO-Plaza sehen. Damals, zur Reunion nach fünf Jahren, als sich die Musiker um die Gebrüder Wingenfelder wieder zusammengefunden hatten. Gestern gab es die Reunion der Reunion: das erste von drei Fury-Konzerten in der hannoverschen TUI-Arena, das erste von vielen auf einer Reunionreuniontour quer durch Deutschland.
Knapp 12 000 Fans wollten die Pferdchen sehen. Wollten Christof Stein-Schneider nicht nur auf der Limmerstraße beim Kaffeetrinken treffen, Christian Decker nicht nur in der Nordstadt geschäftig einkaufen sehen und Gero Drnek in der Calenberger Neustadt nicht nur um seine Kochkünste beneiden. Heute Abend werden es noch einmal 12 000 Besucher sein, morgen ebenfalls: Die ersten beiden Konzerte in der Geburtsstadt der Band waren innerhalb von Stunden ausverkauft, auch die Karten für das daraufhin angesetzte Zusatzkonzert waren warme Semmeln.
Was ist eigentlich dran an dieser Band, die nach Jahren der musikalischen Abstinenz noch immer einen derartigen Reiz auf die unterschiedlichsten Leute ausübt? Da sind einerseits die Pärchen mittleren Alters, die Hand in Hand im schwarzen T-Shirt mit Fury-30-Aufdruck durch die Flure der Arena schlendern. Da sind auf der anderen Seite die Pogo-Tänzer, die mit Bier und Kippe vor den Toren krakeelen, und da sind die vielen, vielen Fans, die Jugenderinnerungen an das ein oder andere Lied haben. Männlich oder weiblich, alt oder jung, bunt oder grau, sie alle betrachten den Auftritt heute Abend als Pflichttermin.
Was ist eigentlich dran an dieser Band, die nach Jahren der musikalischen Abstinenz noch immer einen derartigen Reiz auf die unterschiedlichsten Leute ausübt? Da sind einerseits die Pärchen mittleren Alters, die Hand in Hand im schwarzen T-Shirt mit Fury-30-Aufdruck durch die Flure der Arena schlendern. Da sind auf der anderen Seite die Pogo-Tänzer, die mit Bier und Kippe vor den Toren krakeelen, und da sind die vielen, vielen Fans, die Jugenderinnerungen an das ein oder andere Lied haben. Männlich oder weiblich, alt oder jung, bunt oder grau, sie alle betrachten den Auftritt heute Abend als Pflichttermin.
Es geht los. Die Bühne wird von einem Vorhang verdeckt; die Projektoren werfen Bilder aus 30 Jahren Fury-Geschichte darauf. Die ersten Töne von "Dance On The Frontline" werden fast vom Jubel erstickt, der Vorhang bleibt unten. Kai Wingenfelders Silhouette singt konzentriert und mit klarer Stimme von der tickenden Uhr, davon, wie die Zeit vergeht, davon, dass man nicht aufhören soll, zu träumen. Seine Englisch-Aussprache klingt wie früher, ein bisschen so, als ob er gerade sein Referat in der mündlichen Abi-Prüfung hält. Das gehört irgendwie dazu, genau wie die Singlenotes der Gitarren, die Decker und Thorsten Wingenfelder, Kais Bruder, abliefern. Decker und Stein-Schneider produzieren Beatles-artigen Chorgesang, Rainer Schumann trommelt dezent und genau. Der Vorhang hebt sich, Kai breitet die Arme aus, der Willkommensjubel wird zum Orkan. Fury sind da.
Fans und Band zelebrieren dreißig Jahre Bandgeschichte, und in dieser Zeit ist so Einiges an Ohrwürmern zusammen gekommen. Ohrwürmer, nicht viele Charthits, wohlgemerkt, denn die haben immer die Anderen gehabt. Aber Fury In The Slaughterhouse waren ständig präsent - auf Festivals, in den Medien, mit neuen CDs. Die musikalische Schaffenskraft wird heute Abend geballt vorgeführt. Und viele der Songs sind nach wie vor fest verankert in den Gehörgängen der Nation.
Gleich das vierte Lied, "Radio Orchid", ist einer der größten Erfolge der Band. Wingenfelder singt, er wirkt völlig gelöst. "Meine größte Sorge war, dass ich heute Abend eine Erkältung kriege", sagt er. Kurz vor dem Auftritt haben sie noch Tischtennis gespielt, im Keller unter der Arena, erzählt ein Freund. Man hätte sich auch durchaus vor Angst in die Hose machen können, meint der. Hätte man. Die Furys nicht, die machen ja eh vieles anders als erwartet. Auf dem Zenit ihres Erfolges haben sie sich getrennt, 2008. "Weil wir Freunde bleiben wollten", sagt Kai Wingenfelder wie nebenbei und erzählt davon, wie die Band ihn und Christof dazu verdonnert hatte, gemeinsam in den Urlaub nach Frankreich zu fahren, um sich mal auszusprechen. Einer der entspanntesten Titel ist dabei entstanden, "Bar des Boulistes" ist ein kleines, feines Meisterstück des Pop.
Gleich das vierte Lied, "Radio Orchid", ist einer der größten Erfolge der Band. Wingenfelder singt, er wirkt völlig gelöst. "Meine größte Sorge war, dass ich heute Abend eine Erkältung kriege", sagt er. Kurz vor dem Auftritt haben sie noch Tischtennis gespielt, im Keller unter der Arena, erzählt ein Freund. Man hätte sich auch durchaus vor Angst in die Hose machen können, meint der. Hätte man. Die Furys nicht, die machen ja eh vieles anders als erwartet. Auf dem Zenit ihres Erfolges haben sie sich getrennt, 2008. "Weil wir Freunde bleiben wollten", sagt Kai Wingenfelder wie nebenbei und erzählt davon, wie die Band ihn und Christof dazu verdonnert hatte, gemeinsam in den Urlaub nach Frankreich zu fahren, um sich mal auszusprechen. Einer der entspanntesten Titel ist dabei entstanden, "Bar des Boulistes" ist ein kleines, feines Meisterstück des Pop.
Gero Drnek, der Mann mit dem Zauselbart, zeigt gleich zu Beginn, was er kann. Er rennt nach vorne, auf den Steg, den man der Band ins Publikum gebaut hat, und spielt ein kreischendes Gitarrensolo bei "Revelation". "Ich kümmere mich in der Band um die ungewöhnlichen Instrumente", hat er mal gesagt. Stimmt, er kann Ukulele und Akkordeon, und wahrscheinlich könnte er auch einem alten Turnschuh harmonische Klänge entlocken. Aber abgesehen davon kommt er auf E-Gitarre und Keyboard nicht nur bloß klar. Drnek gehört nicht zu den Gründungsmitgliedern, damals, im Jugendzentrum Glocksee, der "Glocke", er galt aber in Hannover seit Anbeginn aller Zeiten als Ausnahmemusiker. Und dann haben ihn sich die Furys gekrallt und es ging steil bergauf mit der Karriere - sowohl seiner als auch der der Band.
Auch Christian Decker kam erst später dazu. Der 46-Jährige spielt seit 1996 mit Fury; Hannes Schäfer musste für ihn seinen Platz räumen. Decker ist musikalisch genauso breit aufgestellt wie Drnek; Alphaville, tok tok tok und Marquess sind nur einige seiner vielen Stationen. "Heute ist er das erste Mal seit zwanzig Jahren nicht der Neue", sagt Kai und stellt Martin Huch als Verstärkung vor. Der Tausendsassa hat sich längst weit über die Grenzen der Stadt hinaus einen Namen als Studiogitarrist und inspirierter Fotograf gemacht. Heute ist er der siebente Fury - und an der Steel-Gitarre ein ungeheurer Gewinn für den homogenen Klang der Band.
"Things Like This", eins von sechs neuen Stücken, beginnt mit einer federleichten Akkordeonphrase von Gero, und man erwartet, jeden Moment die Corrs oder die Dixie Chicks aus dem Hintergrund nach vorn kommen zu sehen. Früher, zu Zeiten von "Zwei Pullen Korn" (ja, ein Fury-Titel der Anfangszeit, lange vor dem deutschen Projekt der beiden Wingenfelders), hätte man die Dubliners erwartet. Aber, nun ja, die Zeiten ändern sich eben.
Von Post-Punk und irischem Trinklied über Ballade und eingängige Rocknummer ist heute Abend alles dabei. Sie waren schon immer breit aufgestellt, die Pferdchen - eins ihrer vielen Alleinstellungsmerkmale.
Von Post-Punk und irischem Trinklied über Ballade und eingängige Rocknummer ist heute Abend alles dabei. Sie waren schon immer breit aufgestellt, die Pferdchen - eins ihrer vielen Alleinstellungsmerkmale.
Vorn im Publikum wird ein kleiner Ballon immer wieder in die Luft befördert. Irgendwelche Wechseldioden sorgen dafür, dass er ständig seine Farbe ändert, wenn er nie in derselben Hand landet. Immer weiter wandert der kleine bunte Lichtball, immer wieder verschwindet er, um dann wieder aufzutauchen. Der kleine Ballon passt irgendwie zur Band.
Was "With Or Without You" für U2 ist, "oder "Belfast Child" für die Simple Minds, ist "Every Generation Got It's Own Disease" für Fury - damit waren sie schon damals Propheten. Kai lässt es sich nicht nehmen, eine politische Botschaft unterzubringen. "Gottseidank gibt es auch noch vernünftige Amerikaner", sagt er zu einem amerikanischen Fan, "und nicht nur den Affenkönig." Sprach's und spielt "Every Generation" - kraftvoll, druckvoll, Hymne, Schlachtruf.
Bei all den Songs mit Wiedererkennungswert wäre es ziemlich egal, wie sie gespielt werden; das Publikum singt, grölt oder spricht ohnehin viele der Texte lautstark mit. Aber was da von oben von der Bühne kommt, ist großartige Musik, teilweise sensationell gespielt: Hypnotisierende Refrains, treibende Verse und und immer wieder dieser 'Ach-ja-das-ist-ja-auch-von-denen'-Gedanke.
Was "With Or Without You" für U2 ist, "oder "Belfast Child" für die Simple Minds, ist "Every Generation Got It's Own Disease" für Fury - damit waren sie schon damals Propheten. Kai lässt es sich nicht nehmen, eine politische Botschaft unterzubringen. "Gottseidank gibt es auch noch vernünftige Amerikaner", sagt er zu einem amerikanischen Fan, "und nicht nur den Affenkönig." Sprach's und spielt "Every Generation" - kraftvoll, druckvoll, Hymne, Schlachtruf.
Bei all den Songs mit Wiedererkennungswert wäre es ziemlich egal, wie sie gespielt werden; das Publikum singt, grölt oder spricht ohnehin viele der Texte lautstark mit. Aber was da von oben von der Bühne kommt, ist großartige Musik, teilweise sensationell gespielt: Hypnotisierende Refrains, treibende Verse und und immer wieder dieser 'Ach-ja-das-ist-ja-auch-von-denen'-Gedanke.
"Trapped Today, Trapped Tomorrow", "Down There", "When I'm Dead And Gone" - im Original von 1970 - sie reihen Fast-Hit an Fast-Hit, Ohrwurm an Ohrwurm-Totale. Bei "Won't forget These Days" gehen sie von der Bühne, während das Publikum weiter singt. Sie kommen wieder, begleiten jetzt ihre Gäste.
Und dann, nach gut zweieinhalb Stunden, spielen sie ihn, den Song, den jeder, der heute hier ist, kennt, eigentlich ihren ersten und gleichzeitig ihren bekanntesten. Kai fordert Feuerzeuge und bekommt kohortenweise Handylampen - die Zeiten ändern sich eben. Nach "Time To Wonder" gibt's noch ein paar Zugaben, und dann ist sie zu Ende, die erste Fury-Party von dreien in Hannover.
Die, die da waren, haben viel zu erzählen, auf Facebook, ihren Freunden und Kindern. Die, die nicht da waren, haben ein ziemlich großartiges Konzert einer ziemlich großartigen Band verpasst. "Wer weiß", sagte Thorsten vor dem Konzert, "sicher gehen wir jetzt nicht auf Welttournee. Aber vielleicht mucken wir noch 'n bisschen weiter zusammen." Freunde sind sie ja offenbar wieder. Zumindest hörte es sich gestern so an.
Und dann, nach gut zweieinhalb Stunden, spielen sie ihn, den Song, den jeder, der heute hier ist, kennt, eigentlich ihren ersten und gleichzeitig ihren bekanntesten. Kai fordert Feuerzeuge und bekommt kohortenweise Handylampen - die Zeiten ändern sich eben. Nach "Time To Wonder" gibt's noch ein paar Zugaben, und dann ist sie zu Ende, die erste Fury-Party von dreien in Hannover.
Die, die da waren, haben viel zu erzählen, auf Facebook, ihren Freunden und Kindern. Die, die nicht da waren, haben ein ziemlich großartiges Konzert einer ziemlich großartigen Band verpasst. "Wer weiß", sagte Thorsten vor dem Konzert, "sicher gehen wir jetzt nicht auf Welttournee. Aber vielleicht mucken wir noch 'n bisschen weiter zusammen." Freunde sind sie ja offenbar wieder. Zumindest hörte es sich gestern so an.