Oberst Gatow mit dem Dolch in der Bibliothek: Zöller und Konsorten im Pavillon
Es war 1963 und die Zeiten waren hart" - so lauten die erste Textzeilen, die Jürgen Zöller im hannoverschen Pavillon singt. 27 Jahre lang hat er nicht viel gesungen, sondern getrommelt. Nach Wolfgang Niedecken war Zöller der Musiker, der am Längsten bei einer "bekannten Kölner Tanzkapelle" war. "BAP ist für mich inzwischen Geschichte. Ich werde mich in Zukunft musikalisch hauptsächlich meinen eigenen Ideen widmen", sagt Jürgen Zöller. Diese eigenen Ideen sind im Moment eng verknüpft mit denen von vier anderen Musikanten: "Zöller und Konsorten" heißt die Band, die gestern im Pavillon das Publikum mit auf eine Zeitreise durch die deutsche Rockgeschichte genommen hat.
Einer dieser Mucker hat ein Heimspiel: Christof-Stein-Schneider, der rothaarige, ewige Zauselbart von "Fury In The Slaughterhouse", die Göttin der Musik bei den "Wohnraumhelden", er spielt Gitarre bei Zöller, und zwar ausgesprochen gut. Stein-Schneider ist Teil einer Rock 'n' Roll-Band, für die der Spaß an der Musik offenbar im Vordergrund steht. Jeder der fünf Musiker hat einst - allein oder mit anderen Combos - ganze Stadien gefüllt. Bassmann Steffi Stephan hat das Panikorchester von Udo Lindenberg gegründet, Lyle Närvänen, der Gitarrist der "Leningrad Cowboys", Tony Carey, der Schmusesänger: Dessen "Room With A View" ist unverbindliches Bohlen-Tanzgeschrammel, hat es in Deutschland 1989 aber immerhin auf Platz drei der Charts geschafft. Matador Stein-Schneider wird im kommenden Jahr bei der Reunion der hannoverschen Pferdchen dreimal in der vollen HDI-Arena konzertieren. Sie alle stehen also an diesem Freitag auf der Bühne des Pavillons - vor knapp 100 Gästen. "Wir sind selbst überrascht, dass es nicht voller ist" sagt Hiltraud Krause vom Pavillon-Team. "Lasst euch nicht abturnen von denen, die nicht da sind", sagt Steffi Stephan vom Zöller-Team. Wenn er spricht, klingt er wie Udo L.; kein Wunder, der 69-Jährige spielt in der Band des Meisters; das Panikorchester ist untrennbar mit dem Namen Karl-Georg "Steffi" Stephan verbunden.
Da stehen sie also, die fünf Rock-Giganten, deren Namen allesamt einen festen Platz im Who-is-who der Rockmusik haben, und denen das offenbar völlig wurscht ist. Und sie legen mächtig los: Nach "Achterbahnfahrt" erzählt Zöller in breitem Kölscher Dialekt von den 60er Jahren, seinen 60er Jahren- zwischendurch spielen sie auch ein paar Songs. Da kreischen die Gitarren, der Bass wummert, die Hammond-Orgel zwitschert - die All-Star-Band gibt einige Lektionen in Sachen Rock 'n' Roll.
Er erzählt gern, der Jürgen Zöller. "Worum geht es heute Abend", fragt er und gibt sich selbst die Antwort. Eine Band seien sie nur durch Zufall geworden, die Texte des aktuellen Albums "Flucht Nach Vorn" seien ursprünglich nur die Überschriften seiner Autobiografie gewesen. Eins der Urgesteine der deutschen Rockmusik lässt die Gäste teilhaben an seinen Erinnerungen, den Erinnerungen, die er auch in seinem Buch "Selbst" aufgeschrieben hat. Da geht es um die 68er-Generation, um die ersten Konzerte und die Anreise im VW-Käfer. Darum, wie er einst in einem Kostüm von Ernst Fuchs aufgetreten ist, um bewusstseinserweiternde Substanzen - der Song zur Droge heißt "Nie wieder LSD", und immer wieder: Um Groupies. "Das Chef-Groupie hieß Puppa", erinnert sich Zöller, "und ich hab' sie Jahre später bei den Les-Humphries-Singers wieder gesehen." Sagt's und spielt folgerichtig ein Stück namens "Puppa". Genau wie ein Stück mit dem Namen "Torremolinos", dem Ort, der "damals als das Zentrum der Hippiebewegung" galt. Auch von Hannover erzählt er. Er habe immer "eine etwas schräge Einstellung zu der Stadt" gehabt, bis Stein-Schneider sie ihm näher gebracht hätte. Die 100 Zuhörer sind geschmeichelt, applaudieren als Lokalpatrioten, hören gespannt und wohlwollend zu, wenn Zöller erzählt.
Er erzählt gern, der Jürgen Zöller. "Worum geht es heute Abend", fragt er und gibt sich selbst die Antwort. Eine Band seien sie nur durch Zufall geworden, die Texte des aktuellen Albums "Flucht Nach Vorn" seien ursprünglich nur die Überschriften seiner Autobiografie gewesen. Eins der Urgesteine der deutschen Rockmusik lässt die Gäste teilhaben an seinen Erinnerungen, den Erinnerungen, die er auch in seinem Buch "Selbst" aufgeschrieben hat. Da geht es um die 68er-Generation, um die ersten Konzerte und die Anreise im VW-Käfer. Darum, wie er einst in einem Kostüm von Ernst Fuchs aufgetreten ist, um bewusstseinserweiternde Substanzen - der Song zur Droge heißt "Nie wieder LSD", und immer wieder: Um Groupies. "Das Chef-Groupie hieß Puppa", erinnert sich Zöller, "und ich hab' sie Jahre später bei den Les-Humphries-Singers wieder gesehen." Sagt's und spielt folgerichtig ein Stück namens "Puppa". Genau wie ein Stück mit dem Namen "Torremolinos", dem Ort, der "damals als das Zentrum der Hippiebewegung" galt. Auch von Hannover erzählt er. Er habe immer "eine etwas schräge Einstellung zu der Stadt" gehabt, bis Stein-Schneider sie ihm näher gebracht hätte. Die 100 Zuhörer sind geschmeichelt, applaudieren als Lokalpatrioten, hören gespannt und wohlwollend zu, wenn Zöller erzählt.
Über das Problem des zu leeren Pavillons könnte man eine Doktorarbeit schreiben: Zu viele ehemalige Rockheroen versuchen, in verschiedenen Besetzungen ihres Rentnerdaseins zu entfliehen. Zu viele Clubs mit zu vielen berühmten Bands, zu viele Comebacks. Wenn man heute zu einem Pink Floyd-Konzert geht, kann es sein, dass Roger Waters dabei ist oder David Gilmour - egal, solange irgendwann "Wish You Were Here" kommt, ist alles gut. Vor drei Jahren haben Barclay James Harvest, Manfred Mann und Wishbone Ash gemeinsam im Capitol gespielt - noch Fragen? Oberst Gatow oder Fräulein Ming - Seil oder Kerzenleuchter - Wohnzimmer oder Terrasse - heutzutage kann jeder mit jedem, egal wo, egal, wann. Manche Kombination erweist sich dann, eher selten, als Glücksfall. In diesem Fall ist es allerdings ein totaler Glücksfall. Für die Musik, denn was die fünf da oben im Pavillon abliefern, ist Rock 'n' Roll, wie er sein soll: Laut, schmutzig, erdig, echt. Mit ein bisschen Augenzwinkern, auch das Sich-selbst-auf-die-Schippe-nehmen-können ist eher selten geworden.
Tony Carey hat ebenfalls sein Solo. Er singt "The Deal", ein eigenes Stück. Der 80er-Schmalz in seiner Stimme ist einer soliden Blues-Röhre gewichen, es dampft und stampft, Stephan treibt, Carey spielt Viertel-Triolen und sie scheren sich einen Dreck darum, ob das alles kommerziell verwertbar ist oder ob irgendein Hahn nach irgendeinem Song kräht. Jeder darf daddeln - und bei den Frage/Antwort-Spielchen, die sich Stein-Schneider mit Närvänen liefert oder Stephan mit Carey, ist spürbar, dass es allen ziemlichen Spaß macht, auf der Old-School-Eisenbahn mitzufahren. Zöller, der Lokführer, sitzt oben hinter einer beeindruckenden Batterie an Schlagwerk und grinst sich eins. Einen Song des unvermeidlichen Neil Young gibt es auch zu hören: "Cinnamon Girl" wird gesungen von Närvänen, der klingt wie Neil Young - okay, jeder, der ein Neil-Young-Stück covert, klingt wie Neil Young. Ist das Grunge? Oder Folk? Egal. Es macht mächtig Spaß, zuzuhören, wie Zöllers Konsorten die Großen der Rockmusik verwursten. Drei Akkorde - das reicht selten aus, um mitreißende Musik zu machen. Aber heute Abend reicht es. Und zwar locker.
Tony Carey hat ebenfalls sein Solo. Er singt "The Deal", ein eigenes Stück. Der 80er-Schmalz in seiner Stimme ist einer soliden Blues-Röhre gewichen, es dampft und stampft, Stephan treibt, Carey spielt Viertel-Triolen und sie scheren sich einen Dreck darum, ob das alles kommerziell verwertbar ist oder ob irgendein Hahn nach irgendeinem Song kräht. Jeder darf daddeln - und bei den Frage/Antwort-Spielchen, die sich Stein-Schneider mit Närvänen liefert oder Stephan mit Carey, ist spürbar, dass es allen ziemlichen Spaß macht, auf der Old-School-Eisenbahn mitzufahren. Zöller, der Lokführer, sitzt oben hinter einer beeindruckenden Batterie an Schlagwerk und grinst sich eins. Einen Song des unvermeidlichen Neil Young gibt es auch zu hören: "Cinnamon Girl" wird gesungen von Närvänen, der klingt wie Neil Young - okay, jeder, der ein Neil-Young-Stück covert, klingt wie Neil Young. Ist das Grunge? Oder Folk? Egal. Es macht mächtig Spaß, zuzuhören, wie Zöllers Konsorten die Großen der Rockmusik verwursten. Drei Akkorde - das reicht selten aus, um mitreißende Musik zu machen. Aber heute Abend reicht es. Und zwar locker.