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MICHAEL KROWAS
Blog around the rock

Jede Jeck ist anders

13/3/2016

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Ein gut gelaunter Sänger, ein genialer Gitarrist, heulende Fans und zeitlose Musik
Am Tag der Niederlage einer hannoverschen Fußballmannschaft gegen einen Kölner Verein hat ein Sänger aus dem Rheinland naturgemäß keinen leichten Stand in nördlichen Gefilden. Für Purple Schulz gilt das am Samstag nicht. Genau genommen ist es auch wurscht, wo sich der Veranstaltungsort befindet - in diesem Fall die Tanzschule "Step By Step" in Hannover - Schulz spielt jedes Mal in seinem eigenen Universum.

Vor dem Auftritt. Jeder scheint hier jeden zu kennen. Die Evi, der Harry, die Lilly, der Christian, Küsschen links, Küsschen rechts, Raus aus den Winterjacken, schnell noch eine rauchen, ein Glas Prosecco und einen Teller mit Käsehäppchen - dann sitzen rund 140 ewige Fans erwartungsvoll in den etwas konfus nummerierten Stuhlreihen und warten auf Purple Schulz, ihren Purple Schulz, ihren ganz persönlichen Helden - aus den unterschiedlichsten Gründen. Purple Schulz also. Der darauf verzichtet, in großen Hallen seinen Ruhm der 80er Jahre zu zelebrieren, der heute lieber in kleinen Locations seine Lebensweisheit verteilt. Warm ist es hier drin, fast stickig, bevor der Sänger die Bühne betritt. Und ums Herz wird es schnell noch wärmer, als Eri, seine Frau, sich hinter dem Stand mit den Devotionalien platziert. Nachdem die Gäste der Abhandlung einer weiblichen Computerstimme über die Zeit mit, sagen wir, wohlwollendem Unverständnis gefolgt sind. Als die schwarzbehemdete Hauptperson des Abends auf die schwarzbevorhangte Bühne kommt.

Purple Schulz setzt sich hinter sein Keyboard und lässt die Zuhörer teilhaben an seiner Weltsicht. Er singt "Schöne Leute" - Wienstroer, der Multiinstrumentalist, mit dem er erst seit einem guten halben Jahr gemeinsame Sache macht, unterstützt ihn mit homogenem Gesang. Die Chöre sitzen perfekt, die Selbstironie tropft von den Gitarrensaiten, aus den Keyboardtasten. Zeit, sagt Schulz, den Bogen schlagend, sei ein zentraler Punkt in seinem Leben. Woher kommt man, wo geht man hin, wo befindet man sich gerade ... nicht der einzige philosophische Ausflug heute Abend. 

Seine Kompositionen sind Old School, höchst unterschiedlich aufgebaut. Und doch lässt sich oft ein Schema erkennen. Verstörender Vers in Moll, erlösender, entspannter Refrain in Dur. Sein Publikum singt oft lauthals mit, textsicherer ist wohl nur der Künstler selbst. Purple, der Perfektionist, vergäße nie einen Text, erzählt Eri, und wenn doch, dann sei sie als Mitkomponistin vieler Stücke ja auch noch da. Er riefe dann "Schahatz" nach hinten und sie helfe mit dem Text aus. Dann singt Schulz das anrührende "Spiegeln" - und vergisst wie auf Kommando seinen Text. Das Lied spiele er selten, sagt er. Der Text beschreibt ein Trümmerfeld: Das lyrische Ich ist auf dem Sprung von Leben eins nach Leben zwei. Trotzdem: Spiegeln schwebt leichtfüßig daher, wenn man sich erst auf den zutiefst traurigen Text eingelassen hat. So, wie viele andere seiner Lieder. 'Auch "Der letzte Koffer", ein Lied über das Sterben, ist tränenträchtig. Aber Schulz lässt den Zuhörer niemals ohne Hoffnung zurück. Es gelingt ihm immer, ein klein wenig Licht am Horizont erscheinen zu lassen, nachdem alles verloren schien. Bei "Fragezeichen" entstehen geradezu zwangsläufig Bilder von Dieter Hallervorden und dem Film "Honig im Kopf" in den Köpfen, oder Bilder von eigenen Erfahrungen mit Demenz. "Das große Vergessen", sagt Schulz, "ist einfach nicht fair." Man versuche, die demenziell veränderten Menschen in seine Welt zu holen, aber das könne nicht gelingen. "Wir sollten lieber in ihre Welt gehen" - Schulzsche Erfahrung mit der Krankheit seines Vaters. Das Publikum hängt an seinen Lippen, kommentiert jeden Kommentar, begrüßt jedes Lied wie einen alten Freund. Zwischendurch: Sätze für die Ewigkeit. Wie in "Weitergehen": "Komm, halt die Hände vor's Gesicht und mach dich unsichtbar" - klar, dass solche Textperlen in einer Halle oder einem großen Club untergehen würden. Der Song ist eine Reaktion auf den Anschlag auf zwei junge Mädchen in einem Asylbewerberheim. Das war bereits 1992, und er habe "gehofft, dieses Lied nie mehr singen zu müssen." Zu Themen wie Flüchtlingsproblematik und Fremdenfeindlichkeit bezieht Schulz mehr als einmal mit klugen Texten Stellung.

Zwischendurch erklärt der überzeugte Kölner den "rheinischen Buddhismus". In einer skurrilen Verkleidung kommt er auf die Bühne gezappelt, um in breitestem Kölsch "Et küt, wie et küt", "Et hätt noh immer jut jegang" oder "Nix is so schlääch, als dat es nicht für irjendwas jot is" zu sagen und "Jede Jeck ist anders" zu singen. Hier in Hannover sorgt rheinischer Frohsinn häufig für kollektives Fremdschämen, aber der Schulz, der darf das. Der darf auch wie Cat Stevens klingen, beim Arrangement zu "Spiegeln" von Wendy & Lisa abkupfern, der darf bei "Kleine Seen" aufhören zu singen, um das Publikum übernehmen zu lassen. Der darf auch mit 59 Jahren der verliebte Junge sein und der darf, völlig zu Recht, das 33 Jahre alte "Sehnsucht" als einen hochaktuellen Titel ankündigen. "Ich will raus!" - der Aufschrei ist zeitlos, geht immer. Gebrüllte Verzweiflung, genau wie 1984.

Nach drei Stunden, Tonnen von Zugaben und dem letzten Höhepunkt", der Ballade "Immer nur Leben", ist Schluss in der Tanzschule. Und während die Besucher beseelt und ergriffen den Heimweg antreten, schreibt Schulz noch lange Autogramme. Hier ein nettes Wort, dort ein Selfie, "wir sehen uns beim nächsten Mal." Und dann, spät in der Nacht, gehen Eri und er mit Thaddäus, ihrem hinreißenden Hundefellknäuel, an die frische Luft. Die Zeitreise und das Familientreffen sind vorbei. Für heute, den Tag, an dem Köln zwei Siege eingefahren hat.
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    Zum Beispiel. Zum Nachlesen.
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    Billy Joel

    Ed Motta
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    Annie Heger
    The Idea of North​
    Schiller
    Max Mutzke
    Fury in the slaughterhouse
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    Stanley Clarke
    Purple Schulz


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