Human League im Capitol Hannover – ganz ohne Schule schwänzen
Lust hatte ich nicht, aber Lilly bat mich, sie zu begleiten. Wobei "bat" nicht ganz der richtige Ausdruck ist. Sie hat mich gezwungen. Ich war also mit ihr im Capitol bei Human League. Lustig. Nur dass ich überhaupt nichts darüber zu schreiben gewusst hätte. "Dann mach ich das eben", sagte die Frau. Und hier ist das Ergebnis. Steht zwar unter meinem Namen bis in die Ewigkeit im Netz, aber: Lyrics by Lilly. Es ist mein Blog. Heul.
Das Capi ist mit 1.100 Personen gut gefüllt. Nur Axel fehlt. 1981 haben Axel und ich in irgendeiner Freistunde erst Kaffee getrunken und dann verschämt geknutscht, während im Hintergrund „Don't you want me“ lief. Axel trug vorzugsweise einen kanariengelben Lacoste-Pullover und darunter ein weißes Polohemd. Er spielte Tennis und hatte eine echte Bree-Rindledertasche. Ich trug nach langen Diskussionen mit den Eltern das No-name-Mittelstandsrindledermodell und war froh, dass Axel mich küsste. Zu cooler Musik. Ich wäre so gern abends nach der Schule auch eine Kellnerin DER Cocktailbar in Town gewesen, aber die Eltern stimmten nur dem Mittagsservice in DEM Altenheim in Town zu. Deswegen war ich doppelt froh, dass Axel und sein Krokodil mich küssten.
Heute stehe ich mit 1.099 Personen im Capitol Hannover und hoffe, in das 80er-Feeling einzutauchen – nur für einen Moment. In den 80ern war alles leicht, der elterliche Kühlschrank gut gefüllt, der Golf ratterte vor sich hin und die einzige Sorge an so manchem Abend bestand darin, ob der Gastgeber auch genügend Southern Comfort und Ginger Ale für die langen Telespielnächte vor der Arcade-Konsole hatte. Gespanntes Ausharren im Time-Tunnel. Zurück in die Zukunft, zurück ins Capitol des Jahres 2018. Wie schön: Alle um mich herum nesteln im Ein-Finger-alte-Leute-Modus auf ihren Handys herum– wir sind unter uns. Wir, die in den 60er Geborenen, sind in der Überzahl – check. Manche von uns haben versucht, sich mit Retrolook auch optisch anzupassen, aber glaubt mir, Leute, Kinder der 60er, an Axel kommt heute immer noch keiner ran.
Heute stehe ich mit 1.099 Personen im Capitol Hannover und hoffe, in das 80er-Feeling einzutauchen – nur für einen Moment. In den 80ern war alles leicht, der elterliche Kühlschrank gut gefüllt, der Golf ratterte vor sich hin und die einzige Sorge an so manchem Abend bestand darin, ob der Gastgeber auch genügend Southern Comfort und Ginger Ale für die langen Telespielnächte vor der Arcade-Konsole hatte. Gespanntes Ausharren im Time-Tunnel. Zurück in die Zukunft, zurück ins Capitol des Jahres 2018. Wie schön: Alle um mich herum nesteln im Ein-Finger-alte-Leute-Modus auf ihren Handys herum– wir sind unter uns. Wir, die in den 60er Geborenen, sind in der Überzahl – check. Manche von uns haben versucht, sich mit Retrolook auch optisch anzupassen, aber glaubt mir, Leute, Kinder der 60er, an Axel kommt heute immer noch keiner ran.
Das Bühnenlicht geht an. Bääm. Sänger Phil Oakley mit seinen Begleiterinnenn Joanne Catherall und Susan Ann Sulley legen los mit „Crowd“, „Sky“ und „Heart Like a Wheel“ – welcome to the eighties. Die beiden weißen, geschwungenen Keyboards im Hintergrund erinnern an damalige futuristische Bügelstationen – und an 1984, ans Café Peppermint in Hannover, in dem weiße Kunstlederbarhocker standen und Bilder von Pop-Art-Frauen an der Wand hingen, deren aufgeblasene Kaugummis sich touchierten. Oakley liegt zuweilen in seinen Songs einen guten Halbton daneben – autsch, eigentlich, aber egal. Mitwippend entschuldige ich das damit, dass ich ja mittlerweile auch zwanzig Mal am Tag die Lesebrille zücken muss, um am geordneten Leben teilzunehmen. Man, sind die alt geworden, Mannomann – aber wenn die alt sind, was bitte sind dann wir?
Ich zücke mein Handy und gehe wackelnd und wippend auf Facebook live – mein Abijahrgang, weit verstreut in Californ I A, Berlin und sonstwo auf der Welt, soll jetzt genau so fühlen wie ich. Und hey, da sind ja unsere Gefährten der 80er – auf dem Bühnenhintergrund. Eine riesige Pacman-Projektion auf den Monitoren und das mir nur zu gut bekannte Bild „game over“.
Game over ist heute hier noch lange nicht. Das Publikum taut auf und grooved. Achtung: In den 80ern war nur cool, wer sich langsam koordiniert strategisch bewegte, linkes Knie an rechten Ellenbogen und umgekehrt. Oakley, Catherall und Sulley drehen auf – jetzt sind sie drin und jetzt haben sie auch die Halbtöne im Griff: „All I ever wanted“, „Mirror man“ und die unvermeidliche Kellnerin in der Cocktailbar lassen grüßen. Niemand bleibt unbewegt, im Doppelsinn. Zwischendurch muss ich mal – und ich komme breit grinsend zurück vom Klo: Die Kombination aus Seife und Handtrockner roch plötzlich wie der Nebel in unserer alten hannoverschen Disco „Palace“, nach ewiger Jugend, sorgenfreiem Leben und dem elterlich sorgfältig gefüllten Kühlschrank.
Später, viel später, nach dem Konzert einer legendären Band: Ich treffe eine ganz alte Freundin vor dem Capitol. Piri wiegt sich immer noch beseelt und säuselt mir zu: Der Mörderburner, oder? Und ich fahre nach Hause und schwöre mir, meine Tochter nicht mehr dafür zu tadeln, wenn sie bei Ebay-Kleinanzeigen Retro-Karottenjeans kauft. Schön war das damals, mit Oakley – und game over ist noch lange nicht.
Game over ist heute hier noch lange nicht. Das Publikum taut auf und grooved. Achtung: In den 80ern war nur cool, wer sich langsam koordiniert strategisch bewegte, linkes Knie an rechten Ellenbogen und umgekehrt. Oakley, Catherall und Sulley drehen auf – jetzt sind sie drin und jetzt haben sie auch die Halbtöne im Griff: „All I ever wanted“, „Mirror man“ und die unvermeidliche Kellnerin in der Cocktailbar lassen grüßen. Niemand bleibt unbewegt, im Doppelsinn. Zwischendurch muss ich mal – und ich komme breit grinsend zurück vom Klo: Die Kombination aus Seife und Handtrockner roch plötzlich wie der Nebel in unserer alten hannoverschen Disco „Palace“, nach ewiger Jugend, sorgenfreiem Leben und dem elterlich sorgfältig gefüllten Kühlschrank.
Später, viel später, nach dem Konzert einer legendären Band: Ich treffe eine ganz alte Freundin vor dem Capitol. Piri wiegt sich immer noch beseelt und säuselt mir zu: Der Mörderburner, oder? Und ich fahre nach Hause und schwöre mir, meine Tochter nicht mehr dafür zu tadeln, wenn sie bei Ebay-Kleinanzeigen Retro-Karottenjeans kauft. Schön war das damals, mit Oakley – und game over ist noch lange nicht.