Eine Rebekka-Bakken-CD zu hören ist immer irgendwie ein Abenteuer. Jedes mal, wenn man sich im sanften Klang ihrer Stimme räkelt, sticht sie einem im nächsten Moment irgendein akustisches Messer ins Ohr. Sie spielt mit ihrer ungeheuren Stimme wie auf einer Klaviatur – sie hat auch eine ähnlich große Range wie ein Klavier. Am Sonntag war die norwegische Ausnahmesängerin zum -zigsten Mal in Hannover zu Besuch.
Erwartungsvolles Raunen im gut gefüllten Theater am Aegi. Spärenklänge. Dann kommt die Band auf die Bühne. Ola Gustafsson, Eirik Tovsrud Knutsen und Even Ormestad begleiten unaufdringlich und selbstlos eine Sängerin, die jeden Rahmen sprengt. Rebekka Bakken. Ihre Haare reichen bis zur Hüfte, sie trägt einen dunkelblauen Samtanzug und stöckelt in knallroten Stilettos auf die Bühne. Sie singt „Closer“, hat ein paar Probleme mit dem Monitorsound und dem Mikrofon und lächelt, offenbar entspannt, alles weg. „Guten Abend Hannover, es ist everytime schön, wieder hier zu sein“, sagt sie. Der Sound ist dezent, ihre Stimme wirkt sehr präsent, schwebt über allem. Sie spielen „Black shades“, ein kleines, feines Reggaestückchen vom neuen Album „Things You Leave Behind“, und dann den Titelsong.
Ihre stimmliche Bandbreite ermöglicht es ihr, alles weg zu lassen, was andere Sängerinnen so gern benutzen – sie hat bei ihren Liedern einfach keine Schleifen oder Variationen nötig. Es wissen ohnehin alle Zuhörer, dass ihr Stimmumfang drei Oktaven beträgt. Und das wiederum gibt ihr die Möglichkeit, ihre Texte zu spielen. Manchmal wirkt sie wie direkt einer Brecht-Oper entstiegen, manchmal ist sie kleines Mädchen, manchmal Rotzgöre, manchmal Diva. Das hat sie früher schon in die Lage versetzt, die Lieder von Tom Waits genauso wirkungsvoll zu interpretieren wie die von Ludwig Hirsch.
In „Hotel St. Pauli“ ist sie eine Prostituierte auf der Suche nach Liebe. Ihre Stimme bekommt etwas Flehendes, man sieht die Dämonen, die sie versucht, loszuwerden, um ihren Kopf flattern.
Ihre stimmliche Bandbreite ermöglicht es ihr, alles weg zu lassen, was andere Sängerinnen so gern benutzen – sie hat bei ihren Liedern einfach keine Schleifen oder Variationen nötig. Es wissen ohnehin alle Zuhörer, dass ihr Stimmumfang drei Oktaven beträgt. Und das wiederum gibt ihr die Möglichkeit, ihre Texte zu spielen. Manchmal wirkt sie wie direkt einer Brecht-Oper entstiegen, manchmal ist sie kleines Mädchen, manchmal Rotzgöre, manchmal Diva. Das hat sie früher schon in die Lage versetzt, die Lieder von Tom Waits genauso wirkungsvoll zu interpretieren wie die von Ludwig Hirsch.
In „Hotel St. Pauli“ ist sie eine Prostituierte auf der Suche nach Liebe. Ihre Stimme bekommt etwas Flehendes, man sieht die Dämonen, die sie versucht, loszuwerden, um ihren Kopf flattern.
Diese langen Töne mit dem kleinen Schluchzer am Ende, die kann sie, die 49-jährige Norwegerin. Sie als Jazzsängerin zu bezeichnen, ist etwa so, als ob man sagen würde, der Mount Everest ist ein ziemlicher Hügel. Sie ist vielmehr, bei „Korset vil jeg aldri svike So ro“ singt sie allein, nur begleitet von einem celloartigen Keyboardton von Eirik Tovsrud Knutsen. Jetzt klingt sie wie ein ganzer Indianerstamm, wie eine Ziegenherde, wie ein Didgeridoo. Der Song entwickelt eine geradezu hypnotische Wirkung, das hingerissene Publikum bleibt zum Schluss drei Sekunden länger als üblich still, bevor donnernder Applaus einsetzt.
Für „Little drop of poison“ setzt sie sich hinter den Flügel. Es entsteht eine traumhaft schöne Tango-Nummer, Gitarrist Ola Gustafsson spielt ein lautes Blues-Solo, das sich perfekt einfügt. Cross-Over vom Feinsten. Die Band ist perfekt aufeinander eingespielt, Drummer Rune Arnesen unterstützt ihren glockenhellen, weichen Sopran nur mit der Bassdrum, der percussive Rest entsteht dadurch, dass er sich mit dem Händen auf die Oberschenkel schlägt. Das Aegi wird zum Wohnzimmer.
Zwischendurch erzählt sie viel, von ihrer Mutter, die ihr die norwegische Kirchenmusik nahe gebracht hat, ihrem Vater, der kein Mann vieler Worte war, davon, dass man ein Antihistaminikum besser nicht auf der Reeperbahn kaufen sollte und von dem italienischen Restaurantbesitzer aus Hannover, bei dem sie nach ihrem letzten Konzert war und der den ganzen Abend Pavarottti gesungen habe. „Great songs, great food, great wine“. Sie kokettiert mit ihrer norwegischen Heimat. „I like my men on ice.“ Obwohl, sagt sie, Schweden sei ja eigentlich viel toller als Norwegen, und die Männer seien dort auch schöner. „Unfortunately the women too.“
Für „Little drop of poison“ setzt sie sich hinter den Flügel. Es entsteht eine traumhaft schöne Tango-Nummer, Gitarrist Ola Gustafsson spielt ein lautes Blues-Solo, das sich perfekt einfügt. Cross-Over vom Feinsten. Die Band ist perfekt aufeinander eingespielt, Drummer Rune Arnesen unterstützt ihren glockenhellen, weichen Sopran nur mit der Bassdrum, der percussive Rest entsteht dadurch, dass er sich mit dem Händen auf die Oberschenkel schlägt. Das Aegi wird zum Wohnzimmer.
Zwischendurch erzählt sie viel, von ihrer Mutter, die ihr die norwegische Kirchenmusik nahe gebracht hat, ihrem Vater, der kein Mann vieler Worte war, davon, dass man ein Antihistaminikum besser nicht auf der Reeperbahn kaufen sollte und von dem italienischen Restaurantbesitzer aus Hannover, bei dem sie nach ihrem letzten Konzert war und der den ganzen Abend Pavarottti gesungen habe. „Great songs, great food, great wine“. Sie kokettiert mit ihrer norwegischen Heimat. „I like my men on ice.“ Obwohl, sagt sie, Schweden sei ja eigentlich viel toller als Norwegen, und die Männer seien dort auch schöner. „Unfortunately the women too.“
Bei „Shelter“ versagt ihr kabelloses Mikrofon. Sie schnappt sich das Mikro von Gustafsson und singt hochprofessionell einfach weiter. Die Zuhörer geben ihr dafür Szenenapplaus. Leider geht so der sehr anrührende Text unter: Eine einsame Frau bitte in einer Bar um Geld für Trinken und Essen. Obwohl Rebekka B. zuvor vehement erklärt hat, dass sie noch nie, niemals einsam in einer Bar gesessen habe, fühlt es sich so an, als sei sie diese einsame, verzweifelte Frau: Authentizität according to Rebekka Bakken. Das Publikum applaudiert im Stehen. Und nach zwei Zugaben entschwindet Rebekka B. in Richtung des Italieners vom letzten Mal. Ihren Rotwein hat sie sich mehr als verdient.