Rock never dies, nowhere: Wolf Maahn singt in der Marie-Curie-Schule in Empelde
Plötzlich ist er da. Oben auf der kleinen Bühne in der kleinen Aula der kleinen Marie-Curie-Schule in Empelde steht ein Weltstar. Jemand, der einst mit Bob Dylan und Fleetwood Mac aufgetreten ist. Jemand, der mit Rio Reiser, Xavier Naidoo, Purple Schulz, Anne Haigis und Marianne Rosenberg gearbeitet hat. Allein: Er muss sich nicht mit fremden Federn schmücken, er hat genug eigene, um sich für immer gemütlich in sein dickes Federkleid einzumummeln. Das tut er aber nicht, er ist auf Tour, er hat sein eigenes Plattenlabel, er schreibt Songs für Andere, und er ist nach wie vor einer der unermüdlichsten Sänger westlich des Missouri.
Er hat damals eins der wohl schönsten Liebeslieder der 80er Jahre geschrieben: "Ich wart auf dich", er war der erste deutsche Künstler, der in der legendären "Rockpalast"-Serie auftreten durfte. A propos Serie: In der RTL-Produktion "Unter uns" war er für einige Zeit als Vater eines der jungen Protagonisten zu sehen und zu hören. Dort hat ihn auch Laura Seebach zum ersten Mal gesehen - und sie hat Feuer gefangen für den Mann, der 43 Jahre älter ist als sie, Feuer gefangen für dessen Musik, dessen sympathische Art und das, was seitdem für sie der Inbegriff von Rockmusik ist. Seebach, die 19-jährige Jurastudentin, hat im vergangenen Jahr ihr Abitur auf der Schule gemacht, in der Wolf Maahn am Samstag zum bereits dritten Mal aufgetreten ist - vor rund 150 Fans, die dem Alter des Künstlers deutlich näher sind als dem der Veranstalterin Seebach.
Maahn kommt also auf die Bühne geschlendert, ein großer Schlaks mit Stirnband und Vintage-Jacke; er braucht nichts als eine Gitarre und ein Cajon, auf das ab und zu er beim Singen einstampft, und natürlich seine Stimme. Die ist jung geblieben, er scheint zwar etwas verschnupft zu sein, aber von Anfang an füllt er die Aula mit seinen unverwechselbar nasalen Tönen. Schon den ersten Song, "Wenn der Regen kommt", singt ein Großteil des Publikums mit. Auch sein verschmitztes Grinsen hat er sich bewahrt, und die geschlossenen Augen beim Singen. Dazu die Eigenart, die Enden mancher Zeile so zu vernuscheln, wie es eigentlich außer ihm nur ein Sänger tut. Im Gegensatz zu Dylan hat Maahn keinen Literaturnobelpreis, aber er hat auch Textzeilen für die Ewigkeit geschrieben. "Wo du bist, ist mein gelobtes Land" - auch, wenn das vielleicht als Liebeserlärung an seine Frau Angelika gedacht war, finden sich viele seiner Fans in derartigen Formulierungen wieder.
Wie ein Road-Movie nimmt das Konzert an Fahrt auf, "Wenn der alte Diesel uns versetzt", singt er. So textet man heute eher nicht mehr. Vielleicht nimmt ein Gregor Meyle oder ein Johannes Oerding diese Rolle ein, aber von der Sterilität und der Austauschbarkeit vieler Künstler, deren Lieder die Charts des Jahres 2017 dominieren, ist Maahn meilenweit entfernt. Er röhrt, er grunzt, er schreit, er flüstert, "Traumkarriere längst vorbei" - nun, er hatte sie, und er ist, im Gegensatz zu vielen Kollegen, in Würde gealtert.
Als er 24 war, hieß seine Combo "Food Band". Der Keyboarder damals war ein gewisser Helmut Zerlett, und der hat, wie fast alle der ehemaligen Mitstreiter, eine durchaus eindrucksvolle Karriere nach ihrer jeweiligen Maahn-Zeit hingelegt. Mit der Food-Band sang Maahn noch auf Englisch, in "Side Street Romeo" etwa davon, dass er mit Tennis nichts anfangen könne, sondern eher auf Rock 'n Roll stünde. Die Textzeile hat er sich selbst geklaut, Jahre danach; in "Fieber" singt er sie auf deutsch, Bekenntnis eines Lebens.
Es geht weiter mit "Durch alle Zeiten". Auch da wird deutlich, dass da oben einer steht, der alle nur erdenklichen Wege in allen nur möglichen Zeiten genommen hat. Eine politische Meinung hat er auch, er lässt sich über die Panama Papers aus und spielt "Sensible Daten" - den Mund gehalten hat er noch nie. Schon 1985 nicht, als er mit vielen gleichgesinnten Künstlern beim Anti-Waahnsinns-Ferstival gegen die Wiederaufbereitunsanlage Wackersdorf aufgetreten ist - dem zur damaligen Zeit größten Open-Air-Konzert Europas. Bei diesem Lied erntet er einen vielstimmigen, lautstarken "Oh oh oh oh"-Chor seiner Zuhörer - die Aula befindet sich längst im kollektiven Maahn-Modus.
Nach der Pause spritzt bei "Rosen im Asphalt" Konfetti von der Bühne - gut ausgestattet ist sie, die Marie-Curie-Schule. Zuwenig Stühle zwar, die meisten der Besucher müsssen stehen - aber immerhin zwei Konfettikanonen ...
Dann singt er es, natürlich, das Liebeslied:
Er hat damals eins der wohl schönsten Liebeslieder der 80er Jahre geschrieben: "Ich wart auf dich", er war der erste deutsche Künstler, der in der legendären "Rockpalast"-Serie auftreten durfte. A propos Serie: In der RTL-Produktion "Unter uns" war er für einige Zeit als Vater eines der jungen Protagonisten zu sehen und zu hören. Dort hat ihn auch Laura Seebach zum ersten Mal gesehen - und sie hat Feuer gefangen für den Mann, der 43 Jahre älter ist als sie, Feuer gefangen für dessen Musik, dessen sympathische Art und das, was seitdem für sie der Inbegriff von Rockmusik ist. Seebach, die 19-jährige Jurastudentin, hat im vergangenen Jahr ihr Abitur auf der Schule gemacht, in der Wolf Maahn am Samstag zum bereits dritten Mal aufgetreten ist - vor rund 150 Fans, die dem Alter des Künstlers deutlich näher sind als dem der Veranstalterin Seebach.
Maahn kommt also auf die Bühne geschlendert, ein großer Schlaks mit Stirnband und Vintage-Jacke; er braucht nichts als eine Gitarre und ein Cajon, auf das ab und zu er beim Singen einstampft, und natürlich seine Stimme. Die ist jung geblieben, er scheint zwar etwas verschnupft zu sein, aber von Anfang an füllt er die Aula mit seinen unverwechselbar nasalen Tönen. Schon den ersten Song, "Wenn der Regen kommt", singt ein Großteil des Publikums mit. Auch sein verschmitztes Grinsen hat er sich bewahrt, und die geschlossenen Augen beim Singen. Dazu die Eigenart, die Enden mancher Zeile so zu vernuscheln, wie es eigentlich außer ihm nur ein Sänger tut. Im Gegensatz zu Dylan hat Maahn keinen Literaturnobelpreis, aber er hat auch Textzeilen für die Ewigkeit geschrieben. "Wo du bist, ist mein gelobtes Land" - auch, wenn das vielleicht als Liebeserlärung an seine Frau Angelika gedacht war, finden sich viele seiner Fans in derartigen Formulierungen wieder.
Wie ein Road-Movie nimmt das Konzert an Fahrt auf, "Wenn der alte Diesel uns versetzt", singt er. So textet man heute eher nicht mehr. Vielleicht nimmt ein Gregor Meyle oder ein Johannes Oerding diese Rolle ein, aber von der Sterilität und der Austauschbarkeit vieler Künstler, deren Lieder die Charts des Jahres 2017 dominieren, ist Maahn meilenweit entfernt. Er röhrt, er grunzt, er schreit, er flüstert, "Traumkarriere längst vorbei" - nun, er hatte sie, und er ist, im Gegensatz zu vielen Kollegen, in Würde gealtert.
Als er 24 war, hieß seine Combo "Food Band". Der Keyboarder damals war ein gewisser Helmut Zerlett, und der hat, wie fast alle der ehemaligen Mitstreiter, eine durchaus eindrucksvolle Karriere nach ihrer jeweiligen Maahn-Zeit hingelegt. Mit der Food-Band sang Maahn noch auf Englisch, in "Side Street Romeo" etwa davon, dass er mit Tennis nichts anfangen könne, sondern eher auf Rock 'n Roll stünde. Die Textzeile hat er sich selbst geklaut, Jahre danach; in "Fieber" singt er sie auf deutsch, Bekenntnis eines Lebens.
Es geht weiter mit "Durch alle Zeiten". Auch da wird deutlich, dass da oben einer steht, der alle nur erdenklichen Wege in allen nur möglichen Zeiten genommen hat. Eine politische Meinung hat er auch, er lässt sich über die Panama Papers aus und spielt "Sensible Daten" - den Mund gehalten hat er noch nie. Schon 1985 nicht, als er mit vielen gleichgesinnten Künstlern beim Anti-Waahnsinns-Ferstival gegen die Wiederaufbereitunsanlage Wackersdorf aufgetreten ist - dem zur damaligen Zeit größten Open-Air-Konzert Europas. Bei diesem Lied erntet er einen vielstimmigen, lautstarken "Oh oh oh oh"-Chor seiner Zuhörer - die Aula befindet sich längst im kollektiven Maahn-Modus.
Nach der Pause spritzt bei "Rosen im Asphalt" Konfetti von der Bühne - gut ausgestattet ist sie, die Marie-Curie-Schule. Zuwenig Stühle zwar, die meisten der Besucher müsssen stehen - aber immerhin zwei Konfettikanonen ...
Dann singt er es, natürlich, das Liebeslied:
Morgens, wenn ich die Tür aufschließe, bist du schon lange unterwegs
dein Kleid hängt leer am Bügel und in der Tasse ist ein letzter Rest vertrockneter Kaffee
Ich weiß, der Tag wird lang
ich wart' auf dich
Maahns Gitarrespiel brachte ihm den Unterpunkt Spielweise in seinem Wikipedia-Eintrag ein: Der Linkshänder spielt die Gitarre anders herum. Er hat aber nur den Korpus gedreht; die Saiten sind nicht umgezogen. Das bringt ihm diesen ganz eigenen, schwebenden, schwirrenden Klang, der vielleicht dadurch entsteht, dass er aufgrund der veränderten Saitenlage ganz neue Akkorde erfinden musste, die für den typischen Klang sorgen. Das gelingt ihm sowohl auf der Fender- als auch auf der Takaminegitarre, die er im '"Open-Tuning-Modus" gestimmt hat. Und "Ich wart' auf dich" klingt, wie es immer klang, wie es klingen soll: Zwischen Zigarettenkippen und Eierschalen malt er das Bild eines Mannes, der eine Frau liebt, wie es eindringlicher kaum geht.
Eine kurze, eher belanglose Hommage an die Stones, "Satisfaction", und dann ist es zu Ende. Bei "Irgendwo in Deutschland" geht er von der Bühne, lässt seine restlos zufriedenen Zuhörer den Refrain alleine machen ("ihr liefert gut ab"), lümmelt sich hinten im Hausmeisterraum auf einem Sofa und holt sich ein Lächeln von Laura Seebach, der Jurastudentin, seinem vielleicht größten Fan. Das muss reichen bis zum nächsten Mal, wenn Wolf Maahn wieder - vielleicht besser als mancher seiner Gäste - den Weg nach Empelde findet.
Eine kurze, eher belanglose Hommage an die Stones, "Satisfaction", und dann ist es zu Ende. Bei "Irgendwo in Deutschland" geht er von der Bühne, lässt seine restlos zufriedenen Zuhörer den Refrain alleine machen ("ihr liefert gut ab"), lümmelt sich hinten im Hausmeisterraum auf einem Sofa und holt sich ein Lächeln von Laura Seebach, der Jurastudentin, seinem vielleicht größten Fan. Das muss reichen bis zum nächsten Mal, wenn Wolf Maahn wieder - vielleicht besser als mancher seiner Gäste - den Weg nach Empelde findet.