Schwerer Name, leichte Musik: Das Ritterbusch-Schwebs-Kück-Trioprojekt im Kanapee
Hannover, Unesco City of music. Diese Auszeichnung hat sich die Stadt hart erarbeiten müssen. Viele Stile, viele Bands, viele Spielorte und viele Projekte sorgen für Abwechslung in Sachen Musik. Eins dieser Projekte gab es am Freitag an einem der schönsten Spielorte zu hören: Ein rein hannoversches Jazztrio begeisterte mit einem wunderbar melancholischen Programm rund 70 Gäste im kleinen, feinen Kanapee.
Dissonanzen. Freejazzartige Single-Notes verstören die Gehörgänge. Der Flügel in der Edenstraße scheint merkwürdig verstimmt, als Achim Kück die ersten Töne seines Liedes "Kinderspiel" anschlägt. Die verwirrenden Phrasen lösen sich alsbald in Wohlgefallen auf, als Peter Schwebs dem Kontrabass sanfte Klänge entlockt. Getrichene, gezupfte und geslapte Noten unterstützen Kücks Komposition sanft und energisch; der Flügel scheint sich im Laufe des Stücks selbst zu stimmen. "Kinderspiel" ist die Ouvertüre für zwei Stunden perlender Kleinode des Jazz. Er würde irgendwann eine CD machen wollen mit Liedern, die seine Klavierschüler dann nachspielen können, gibt Achim Kück zu Protokoll. Kinderspiel eben. Dem Pianisten haftet in Hannover so etwas wie Legendentum an; durch seine Auftritte mit Silvia Droste und Juliano Rossi hat er sich einen breiten Freundeskreis erspielt. Auch Schwebs und Ritterbusch sind in Jazzkreisen wohlgelitten; in dieser Besetzung spielen sie heute Abend zum allerersten Mal - und das wird zu einem echten Glücksfall , nicht nur für den Jazz.
"Northwind" - beim zweiten Stück kommt Anja Ritterbusch im glänzenden bodenlangen blauen Abendkleid auf die Bühne. Sie singt vom "leidenschaftlichen Wind" - auch wenn man dem rauen Gebläse aus dem Norden Kälte und Brutalität nachsagt, der Nordwind wirkt in der musikalischen Bearbeitung von Kück wie eine erfrischende Frühlingsbrise. Cheers, das nächste Lied, stammt ebenfalls aus der Feder von Achim Kück. Ritterbuschs klare Stimme verleiht nicht nur dem ungemütlichen Nordwind eine große Leichtigkeit, auch bei "Cheers" ist sie Herrin der Töne. Ihr Gesang erinnert mehr als einmal an Silje Nergaard; etwas statisch wirkt es allerdings, wenn sie die zackig marschierende Nummer singt. Ella Fitzgerald oder Diana Krall hätten dem fast militärisch aufgebauten Stück vielleicht etwas mehr Persönlichkeit verliehen. Aber auch hier ist die schwebende Leichtigkeit in der Stimme von Ritterbusch präsent; Kück führt sie mit seinem Solo weiter. Er singt - na gut, er grummelt - im Stile von Keith Jarett sein eigenes Solo mit. Es macht Spaß, ihn seine eigenen Phrasen unisono zum Flügel singen zu hören. Peter Schwebs nutzt die Gelegenheit zu einem sauberen Walking-Bass-Solo; die drei Musiker klingen zunehmend homogen. Ein erstes Highlight ist "Both Sides Now". Joni Mitchells Komposition klang selten so relaxed; die Grand Dame der amerikanischen Singer/Songwriter-Szene hat sich einst selbst an einer Jazz-Variante ihres Klassikers versucht - und ist grandios gescheitert. Ritterbusch bläst neuen Wind in den Song, dessen Text wohl noch nie jemand verstanden hat ...
Das letzte Stück vor der Pause ist eine Überraschung: "Für eine Nacht voller Seligkeit" von Peter Kreuder ist eine Filmmusik aus dem Jahre 1940 - und den drei Musikern gelingt etwas Besonderes: Sie verschmelzen zu einem einzigen Organismus. Die Lautstärken, die Tempi, die Pausen - perfekt. Liegt es an der Komposition oder am großartigen Arrangement von Kück?
"Für eine Nacht voller Seligkeit/
da geb ich alles hin/
doch ich verschenk mein Herz nur dann/
wenn ich in Stimmung bin."
Toll. Alt und toll. Und immer wieder: Keith Jarrett. Jarrett, Mays, Winston, Petrucciani, Einaudi, Kück - und Kück findet zwischendurch oft zu seinem eigenen Stil. Wild, fröhlich, zärtlich, Kück.
Ritterbusch, die Tönetrefferin, singt ohne Ecken und Kanten Das unterscheidet sich von Kücks Spiel: Leider hat man manche ihrer Phrasierungen schon vergessen, bevor sie die Augen zum Applaus öffnet. Der heute Abend von den rund 70 Gästen im Kanapee reichlich kommt.
"Swedish Friend", ein Stück von Schwebs, kommt frisch und energisch daher, "Coffee, Tea Or Me" zeigt, dass die Drei ihr Real-Book gelernt haben. Und dann singen sie eine Nummer mit einem Text von Bill Ramsey. Mit dem 85-Jährigen hat Kück schon des Öfteren gespielt.
"Für eine Nacht voller Seligkeit/
da geb ich alles hin/
doch ich verschenk mein Herz nur dann/
wenn ich in Stimmung bin."
Toll. Alt und toll. Und immer wieder: Keith Jarrett. Jarrett, Mays, Winston, Petrucciani, Einaudi, Kück - und Kück findet zwischendurch oft zu seinem eigenen Stil. Wild, fröhlich, zärtlich, Kück.
Ritterbusch, die Tönetrefferin, singt ohne Ecken und Kanten Das unterscheidet sich von Kücks Spiel: Leider hat man manche ihrer Phrasierungen schon vergessen, bevor sie die Augen zum Applaus öffnet. Der heute Abend von den rund 70 Gästen im Kanapee reichlich kommt.
"Swedish Friend", ein Stück von Schwebs, kommt frisch und energisch daher, "Coffee, Tea Or Me" zeigt, dass die Drei ihr Real-Book gelernt haben. Und dann singen sie eine Nummer mit einem Text von Bill Ramsey. Mit dem 85-Jährigen hat Kück schon des Öfteren gespielt.
Anmerkung in eigener Sache: Ich hatte Gesangsunterricht bei Bill Ramsey, als ich in Hamburg Musik studiert habe. Damals war er ungefähr so alt wie ich heute, und er warf mir ein verächtliches "Deine-englischen-Texte-sind-fast-so-schlecht-wie-deine-deutschen" vor die Füße. Wir sind keine Freunde geworden, der Herr Ramsey und ich. Aber sein damaliger Partner Jurai Galan war der beste Gitarrist, den ich je gehört habe. Verzeih mir, Luke.
"In The Garden" - das singt die schmale Diva genial. Sie hat die Augen geschlossen, viele ihrer Zuhrörer auch. Vor dem Song war es ruhig im Kanapee, jetzt ist die Stille zum Schneiden. Lange, lange ist der letzte Ton verklungen, dann erst brandet der Jubel auf.
Und dann ein weiterer Schlager: "Kauf Dir Einen Bunten Luftballon" aus dem Jahr 1961 - da kommt Anja Ritterbusch fast ohne Vibrato aus. Und sorgt damit für den vorletzten, bezaubernden Höhepunkt. Ein gutes Lied ist ein gutes Lied. Punkt. Und drei gute Solisten sind ein tolles Trio. Punkt. Einen weiteren Song von Joni Mitchell, "River", gibt es als Zugabe. Und die drei entlassen ihr frohes Publikum in besinnlicher Vorweihnachtsstimmung hinaus auf die kalte Lister Meile.
"In The Garden" - das singt die schmale Diva genial. Sie hat die Augen geschlossen, viele ihrer Zuhrörer auch. Vor dem Song war es ruhig im Kanapee, jetzt ist die Stille zum Schneiden. Lange, lange ist der letzte Ton verklungen, dann erst brandet der Jubel auf.
Und dann ein weiterer Schlager: "Kauf Dir Einen Bunten Luftballon" aus dem Jahr 1961 - da kommt Anja Ritterbusch fast ohne Vibrato aus. Und sorgt damit für den vorletzten, bezaubernden Höhepunkt. Ein gutes Lied ist ein gutes Lied. Punkt. Und drei gute Solisten sind ein tolles Trio. Punkt. Einen weiteren Song von Joni Mitchell, "River", gibt es als Zugabe. Und die drei entlassen ihr frohes Publikum in besinnlicher Vorweihnachtsstimmung hinaus auf die kalte Lister Meile.