(mik) Es sei etwas peinlich, sagte meine Freundin, als wir in der Herbstsonne saßen und Kaffee tranken. Wir hatten uns das letzte Mal im Theater am Aegi gesehen, bei der Premiere des neuen Shakespeare-Musicals. Und da sei ihr ihr Auto abhanden gekommen, erzählte sie mir. „Du meine Güte“ entfuhr es mir“, „wie denn das?“
Es sei eine echte Horrorgeschichte, sagte meine Freundin. Sie sei, erzählte sie, mit ihrer besten Freundin dort gewesen. Und die habe ihr Auto gefahren, weil sich meine Freundin in der Rolle der Beifahrerin nun mal wohler fühlt.
Allein die Vorstellung, Beifahrer zu sein, erschreckt mich schon sehr. Ich wartete gespannt auf den weiteren Verlauf der Gruselgeschichte um das verlorene Auto. Sie hätten also geparkt und sich das Musical angesehen, und danach habe sie früher nach Hause gewollt als ihre Begleiterin, erfuhr ich. Also verabschiedeten sie sich und meine Freundin machte sich auf den Weg zu ihrem Auto, das, wie sie sich erinnerte, vorne auf der Hildesheimer geparkt war, da, wo sie sonst immer parkt, wenn sie in der Stadt ist.
Nur: Da war nix. Also nicht nichts, da war das Dormero-Hotel, das Ärztehaus, die Arkaden und das Restaurant, wo es das beste Steak der Stadt gibt, alles mögliche, nur ihr Auto nicht. Kein Grund zur Panik, dachte sich meine Freundin und marschierte tapfer auf ihren Hi-Heels bis zur Geibelstraße. Da bekam sie dann Panik – und womöglich schmerzende Füße, also winkte sie sich ein Taxi herbei. „Mein Auto ist weg“, beschied sie den Fahrer, und er möge sie doch bitte zurück zum Theater fahren, damit sie ihrer Freundin die schlechte Nachricht mitteilen könne. „Das ist bestimmt schon in Polen“, sagte der Taxifahrer trocken. „Und das mir“, empörte sich meine polnisch stämmige Freundin über das Klischee.
Nun war ihre Freundin glücklicherweise noch da und sie war ebenso schockiert wie meine Freundin. Die beschloss, ihren Mann anzurufen, um ihm die schlechte Nachricht schonend beizubringen. „Mein Auto ist weg“, sagte sie dem Gemahl am Telefon. „Das macht mich sehr traurig“, erwiderte der. „Sowas. Hätte er mir nicht irgendwie beistehen können?, beschwerte sich meine Freundin, „empathisch geht anders.“
Die Damen gingen dann gemeinsam frustriert in Richtung Marienstraße, um ein Taxi nach Hause zu nehmen. Und da stand, unter den Arkaden beim Italiener: Genau.
„Immer, immer parke ich auf der Hildesheimer“, seufzte meine Freundin, „und außerdem sieht hier ja sowieso alles total gleich aus."
Ich blickte angestrengt in die andere Richtung, damit sie mein bösartiges Grinsen nicht sah. Auf mich wirkt sie sonst eher als das Gegenteil von orientierungslos. Zwar ist mir ähnliches auch schon mal passiert, aber das war in Los Angeles, und die Stadt der Engel ist geringfügig größer als die - Ironie ein - künftige Kulturhauptstadt - Ironie aus. Meine Freundin wollte Mitgefühl, also heuchelte ich etwas Mitgefühl und bekam dafür die zweite Pointe. Denn einige Tage später traf sie den Taxifahrer von der Geibelstraße wieder. Und zwar an ihrem Auto, vorne auf der Hildesheimer. „Oh, ist doch schick, der neue Wagen“ sagte er. Sie stieg schweigend ein und verließ die schaurige Südstadt.
Es sei eine echte Horrorgeschichte, sagte meine Freundin. Sie sei, erzählte sie, mit ihrer besten Freundin dort gewesen. Und die habe ihr Auto gefahren, weil sich meine Freundin in der Rolle der Beifahrerin nun mal wohler fühlt.
Allein die Vorstellung, Beifahrer zu sein, erschreckt mich schon sehr. Ich wartete gespannt auf den weiteren Verlauf der Gruselgeschichte um das verlorene Auto. Sie hätten also geparkt und sich das Musical angesehen, und danach habe sie früher nach Hause gewollt als ihre Begleiterin, erfuhr ich. Also verabschiedeten sie sich und meine Freundin machte sich auf den Weg zu ihrem Auto, das, wie sie sich erinnerte, vorne auf der Hildesheimer geparkt war, da, wo sie sonst immer parkt, wenn sie in der Stadt ist.
Nur: Da war nix. Also nicht nichts, da war das Dormero-Hotel, das Ärztehaus, die Arkaden und das Restaurant, wo es das beste Steak der Stadt gibt, alles mögliche, nur ihr Auto nicht. Kein Grund zur Panik, dachte sich meine Freundin und marschierte tapfer auf ihren Hi-Heels bis zur Geibelstraße. Da bekam sie dann Panik – und womöglich schmerzende Füße, also winkte sie sich ein Taxi herbei. „Mein Auto ist weg“, beschied sie den Fahrer, und er möge sie doch bitte zurück zum Theater fahren, damit sie ihrer Freundin die schlechte Nachricht mitteilen könne. „Das ist bestimmt schon in Polen“, sagte der Taxifahrer trocken. „Und das mir“, empörte sich meine polnisch stämmige Freundin über das Klischee.
Nun war ihre Freundin glücklicherweise noch da und sie war ebenso schockiert wie meine Freundin. Die beschloss, ihren Mann anzurufen, um ihm die schlechte Nachricht schonend beizubringen. „Mein Auto ist weg“, sagte sie dem Gemahl am Telefon. „Das macht mich sehr traurig“, erwiderte der. „Sowas. Hätte er mir nicht irgendwie beistehen können?, beschwerte sich meine Freundin, „empathisch geht anders.“
Die Damen gingen dann gemeinsam frustriert in Richtung Marienstraße, um ein Taxi nach Hause zu nehmen. Und da stand, unter den Arkaden beim Italiener: Genau.
„Immer, immer parke ich auf der Hildesheimer“, seufzte meine Freundin, „und außerdem sieht hier ja sowieso alles total gleich aus."
Ich blickte angestrengt in die andere Richtung, damit sie mein bösartiges Grinsen nicht sah. Auf mich wirkt sie sonst eher als das Gegenteil von orientierungslos. Zwar ist mir ähnliches auch schon mal passiert, aber das war in Los Angeles, und die Stadt der Engel ist geringfügig größer als die - Ironie ein - künftige Kulturhauptstadt - Ironie aus. Meine Freundin wollte Mitgefühl, also heuchelte ich etwas Mitgefühl und bekam dafür die zweite Pointe. Denn einige Tage später traf sie den Taxifahrer von der Geibelstraße wieder. Und zwar an ihrem Auto, vorne auf der Hildesheimer. „Oh, ist doch schick, der neue Wagen“ sagte er. Sie stieg schweigend ein und verließ die schaurige Südstadt.