(mik) Ich war vorhin mit meiner Schwester am Maschsee. Das Wetter war fantastisch, und wir haben uns Monate nicht gesehen, weil sie auf Mallorca lebt. Wir spazierten bei strahlendem Sonnenschein das Rudolf-von-Bennigsen-Ufer entlang, und meine Schwester war – was ich sonst nicht von ihr kenne – schlecht gelaunt. Sagen wir so: Auf der gestrigen Missmutigkeitsskala von eins bis zehn hätte sie eine glatte vierundzwanzig bekommen.
„In Spanien sind noch dreißig Grad, und ich muss hier frieren“, damit ging es los. „Die kommen uns alle entgegen, hat Hannover auf dem Fußweg am Maschsee eine Einbahnstraßenregelung gemacht?“, nölte sie weiter, „zuzutrauen wäre es euch.“ Vor der Waldorfschule meinte sie: „So so, und an Tempo dreißig hält sich bei euch offenbar niemand. Überall stehen diese bescheuerten Elektrotafeln. Dafür haben sie wohl Geld.“
Ich sagte nichts. Ich war nur froh, dass sie während des Maschseefestes nicht hier war. Oder letzte Woche, als der Verkehr in der ganzen Stadt komplett zusammenbrach, weil ein Senior an besagter Stelle einen Unfall hatte.
Wir marschierten weiter, und ich hoffte, dass sie den Anbau am Sprengelmuseum unkommentiert lassen würde. Wir beschlossen, im italienischen Restaurant an der Norduferecke einen Kaffee zu trinken – da mussten wir direkt daran vorbei. Der Blick meiner Schwester ruhte einige Zeit auf dem mattschwarzen hannoverschen Feindbild Nummer eins. Schließlich saßen wir oben, und meine Schwester schnappte sich eine der Fleecedecken, die dort auslagen. Ich als Hannoveraner empfinde zwanzig Grad schon als subtropisch und aalte mich betshirtet in der Sonne. Wir tranken Cappuccino (Schwester) und Rotwein (ich), aßen ein Stück Rhabarber-Kirschkuchen (Schwester, „schmeckt nach nichts, ich hätt's wissen müssen“) und rauchten einen Zigarillo (ich, schmeckte wie immer). Dann sagte Schwesterherz: „Aber die Fassade des Anbaus habt ihr wirklich gut hin gekriegt.“
Ich zuckte zusammen. Abgesehen davon, dass ich sie nicht gebaut habe, hätte ich nie damit gerechnet, dass sie jemals von jemandem gemocht werden könnte. Meine Schwester setzte noch einen drauf: „Hier ist es eigentlich ganz schön“, sagte sie mit Blick auf den beginnenden Sonnenuntergang am See, „bei dem Ausblick braucht man auch kein Meer.“
Es gibt eben Tage, die ändern ihre Konsistenz – sozusagen. Meine Stimmung stieg nach dieser Lobhudelei merklich, und ich beschloss, bei meinem nächsten Mallorca-Besuch auch dem Mittelmeer eine faire Chance zu geben.
„In Spanien sind noch dreißig Grad, und ich muss hier frieren“, damit ging es los. „Die kommen uns alle entgegen, hat Hannover auf dem Fußweg am Maschsee eine Einbahnstraßenregelung gemacht?“, nölte sie weiter, „zuzutrauen wäre es euch.“ Vor der Waldorfschule meinte sie: „So so, und an Tempo dreißig hält sich bei euch offenbar niemand. Überall stehen diese bescheuerten Elektrotafeln. Dafür haben sie wohl Geld.“
Ich sagte nichts. Ich war nur froh, dass sie während des Maschseefestes nicht hier war. Oder letzte Woche, als der Verkehr in der ganzen Stadt komplett zusammenbrach, weil ein Senior an besagter Stelle einen Unfall hatte.
Wir marschierten weiter, und ich hoffte, dass sie den Anbau am Sprengelmuseum unkommentiert lassen würde. Wir beschlossen, im italienischen Restaurant an der Norduferecke einen Kaffee zu trinken – da mussten wir direkt daran vorbei. Der Blick meiner Schwester ruhte einige Zeit auf dem mattschwarzen hannoverschen Feindbild Nummer eins. Schließlich saßen wir oben, und meine Schwester schnappte sich eine der Fleecedecken, die dort auslagen. Ich als Hannoveraner empfinde zwanzig Grad schon als subtropisch und aalte mich betshirtet in der Sonne. Wir tranken Cappuccino (Schwester) und Rotwein (ich), aßen ein Stück Rhabarber-Kirschkuchen (Schwester, „schmeckt nach nichts, ich hätt's wissen müssen“) und rauchten einen Zigarillo (ich, schmeckte wie immer). Dann sagte Schwesterherz: „Aber die Fassade des Anbaus habt ihr wirklich gut hin gekriegt.“
Ich zuckte zusammen. Abgesehen davon, dass ich sie nicht gebaut habe, hätte ich nie damit gerechnet, dass sie jemals von jemandem gemocht werden könnte. Meine Schwester setzte noch einen drauf: „Hier ist es eigentlich ganz schön“, sagte sie mit Blick auf den beginnenden Sonnenuntergang am See, „bei dem Ausblick braucht man auch kein Meer.“
Es gibt eben Tage, die ändern ihre Konsistenz – sozusagen. Meine Stimmung stieg nach dieser Lobhudelei merklich, und ich beschloss, bei meinem nächsten Mallorca-Besuch auch dem Mittelmeer eine faire Chance zu geben.