(mik) Gestern stand ich an der Kasse eines Supermarktes in der Südstadt. Ich war mit Bezahlen dran; in der Schlange hinter mir gab es Bewegung. „..hab nur eins“, hörte ich jemanden sagen, und ein Mann, der wenig weihnachtlich anmutete, drängelte sich mit einer Flasche Bier an den Wartenden vorbei. Sein Parka, sein kariertes Hemd und seine rutschende Hose wiesen ihn zweifelsfrei als jemanden aus, mit dem es das Leben nicht eben gut meint. Er sah ein wenig aus wie der junge Günther Netzer. Als er sich an mir vorbei schob, sah ich glasige Augen und roch – jedenfalls keine Weihnachtsgerüche.
Hinter mir stand ein gut gekleidetes Paar, und der Mann murmelte: „Wir haben auch nur drei Teile.“ Seine Frau stieß ihn an und flüsterte: „Lass gut sein, Paul.“ Netzer holte einen zerknitterten Fünf-Euro-Schein aus der Hosentasche und lallte leise „und noch 'ne Marlboro.“
„Das macht fünf Euro zwei“, sagte die Kassiererin. Das Schweigen in der Schlange wurde plötzlich greifbar. Es war ziemlich klar, was jeder dachte. Fünf Euro zwei ... das sind genau zwei zuviel. Dann sagte Paul, der Mann hinter mir, laut „Ich übernehm‘ das“, die Kassiererin gab sich mit den fünf Euro zufrieden und Netzer wankte mit seinem Bier und den Zigaretten zum Ausgang. Als er sich umdrehte, um relativ konsonantenfrei zu sagen: „Sie sind ein guter Mensch“, waren seine Augen für einen kurzen Moment nicht mehr glasig.
Vielleicht habe ich mir das auch nur einbilden wollen, aber nichtsdestotrotz wurde mir plötzlich sehr warm. Ziemlich abwesend gab ich der Kassiererin danach mein Geld und erinnerte mich kurz an die wunderbare Weihnachtsgeschichte von Hanns Dieter Hüsch, 'Paul auf den Bäumen', in der ein Obdachloser seine ganze Verzweiflung auf die Wände eines Zugwaggons schreibt, auf denen am nächsten Morgen nur noch steht: "Fürchtet Euch nicht."
Was der Schnee am zweiten Advent nicht geschafft hat, und was all' die Werbespots mit besinnlicher Musik nicht hinkriegen, was nicht mal 'Drei Nüsse für Aschenbrödel' gelingt, ist einem zottelhaarigen angebreiteten Typ mit Bier und Fluppen gelungen: Mir wurde weihnachtlich. Und ich verbrachte einen Großteil des gestrigen Abends damit, darüber nachzudenken, ob Netzer im karierten Hemd vielleicht in Wahrheit ganz jemand anders war.
Hinter mir stand ein gut gekleidetes Paar, und der Mann murmelte: „Wir haben auch nur drei Teile.“ Seine Frau stieß ihn an und flüsterte: „Lass gut sein, Paul.“ Netzer holte einen zerknitterten Fünf-Euro-Schein aus der Hosentasche und lallte leise „und noch 'ne Marlboro.“
„Das macht fünf Euro zwei“, sagte die Kassiererin. Das Schweigen in der Schlange wurde plötzlich greifbar. Es war ziemlich klar, was jeder dachte. Fünf Euro zwei ... das sind genau zwei zuviel. Dann sagte Paul, der Mann hinter mir, laut „Ich übernehm‘ das“, die Kassiererin gab sich mit den fünf Euro zufrieden und Netzer wankte mit seinem Bier und den Zigaretten zum Ausgang. Als er sich umdrehte, um relativ konsonantenfrei zu sagen: „Sie sind ein guter Mensch“, waren seine Augen für einen kurzen Moment nicht mehr glasig.
Vielleicht habe ich mir das auch nur einbilden wollen, aber nichtsdestotrotz wurde mir plötzlich sehr warm. Ziemlich abwesend gab ich der Kassiererin danach mein Geld und erinnerte mich kurz an die wunderbare Weihnachtsgeschichte von Hanns Dieter Hüsch, 'Paul auf den Bäumen', in der ein Obdachloser seine ganze Verzweiflung auf die Wände eines Zugwaggons schreibt, auf denen am nächsten Morgen nur noch steht: "Fürchtet Euch nicht."
Was der Schnee am zweiten Advent nicht geschafft hat, und was all' die Werbespots mit besinnlicher Musik nicht hinkriegen, was nicht mal 'Drei Nüsse für Aschenbrödel' gelingt, ist einem zottelhaarigen angebreiteten Typ mit Bier und Fluppen gelungen: Mir wurde weihnachtlich. Und ich verbrachte einen Großteil des gestrigen Abends damit, darüber nachzudenken, ob Netzer im karierten Hemd vielleicht in Wahrheit ganz jemand anders war.