(mik) Gestern traf ich in der Stadt eine alte Freundin. Also, nicht alt im Sinne von alt, sondern im Sinne von „Wir-kennen-uns-schon-lange“. Sie war mit ihrer Tochter auf ausgedehnter Shoppingtour und wirkte erschöpft. Sie meinte, sie habe Lust auf einen Kaffee. Ich habe immer und überall Lust auf einen Kaffee, also ließen wir uns in einem dieser schicken Straßencafés nieder, um über alte Zeiten zu reden.
Lisa-Marie, die Tochter, saß auf dem schicken Stuhl neben mir. Sie ist Anfang zwanzig und das, was man früher „bildschön“ nannte. Heute heißt es wahrscheinlich „hip“, obwohl der Ausdruck wahrscheinlich auch schon verständnisloses Stirnrunzeln bei den jungen Leuten hervorrufen würde. Lisa-Maries langes, seidiges Haar wehte im Wind, ihre noch längeren, seidigen Wimpern desgleichen. Ihre Tattoos wehten nicht und zu der Jeans hätten wir früher gesagt: „Da ist das Beste von“. Sie hat bestimmt ein Vermögen gekostet.
Lisa-Marie war desinteressiert, an ihrer Mutter, an mir und an der Welt. Sie hielt ihr Handy in der Hand, ihre beiden Daumen flogen über die Tastatur. Während ich mit meinem kreisenden Zeigefinger nach dem richtigen Buchstaben suche, hat Lisa-Marie wohl schon eine fehlerfreie mehrseitige Abhandlung geschrieben. Sie bemühte sich nach Kräften, so weit entfernt wie möglich von dem alten Sack zu sitzen, der gerade ihre Mutter vollquatschte. Kein leichtes Unterfangen; der Tisch war nicht nur schick, sondern auch winzig, passend zum Kaffee, der hier natürlich nicht Kaffee hieß. Ich bestellte einen Iced Caffè Mocha, meine Freundin einen Flat White. Lisa-Marie bestellte huldvoll einen Java Chip Light Frappuccino blended beverage.
Um es kurz zu machen: Aus dem Gespräch über alte Zeiten wurde nichts. Ich war zu abgelenkt von Lisa-Maries Augenbrauen. Seit einigen Jahren verfolge ich den Brauentrend mit einer gewissen Sorge; viele der Frauen, die diese – nennen wir es Mode – mitmachen, gleichen doch eher Nofretete als Brooke Shields – die übrigens die erste war, die ihre Augen durch ihre Malkunst betonen wollte. Lisa-Maries gestrige Brauen waren zwar aufgemalt, wollten aber buschig wirken. Immerhin waren sie fast gerade und fast an der richtigen Stelle – was Daniela Nofretete Katzenberger ja lange Zeit erfolgreich vermieden hat. Die Grauenbrauen tendierten farblich ins Lila – kein schöner Anblick, wenn man mich fragt. Aber man fragt mich ja nicht – wie so oft.
Lisa-Marie, die Tochter, saß auf dem schicken Stuhl neben mir. Sie ist Anfang zwanzig und das, was man früher „bildschön“ nannte. Heute heißt es wahrscheinlich „hip“, obwohl der Ausdruck wahrscheinlich auch schon verständnisloses Stirnrunzeln bei den jungen Leuten hervorrufen würde. Lisa-Maries langes, seidiges Haar wehte im Wind, ihre noch längeren, seidigen Wimpern desgleichen. Ihre Tattoos wehten nicht und zu der Jeans hätten wir früher gesagt: „Da ist das Beste von“. Sie hat bestimmt ein Vermögen gekostet.
Lisa-Marie war desinteressiert, an ihrer Mutter, an mir und an der Welt. Sie hielt ihr Handy in der Hand, ihre beiden Daumen flogen über die Tastatur. Während ich mit meinem kreisenden Zeigefinger nach dem richtigen Buchstaben suche, hat Lisa-Marie wohl schon eine fehlerfreie mehrseitige Abhandlung geschrieben. Sie bemühte sich nach Kräften, so weit entfernt wie möglich von dem alten Sack zu sitzen, der gerade ihre Mutter vollquatschte. Kein leichtes Unterfangen; der Tisch war nicht nur schick, sondern auch winzig, passend zum Kaffee, der hier natürlich nicht Kaffee hieß. Ich bestellte einen Iced Caffè Mocha, meine Freundin einen Flat White. Lisa-Marie bestellte huldvoll einen Java Chip Light Frappuccino blended beverage.
Um es kurz zu machen: Aus dem Gespräch über alte Zeiten wurde nichts. Ich war zu abgelenkt von Lisa-Maries Augenbrauen. Seit einigen Jahren verfolge ich den Brauentrend mit einer gewissen Sorge; viele der Frauen, die diese – nennen wir es Mode – mitmachen, gleichen doch eher Nofretete als Brooke Shields – die übrigens die erste war, die ihre Augen durch ihre Malkunst betonen wollte. Lisa-Maries gestrige Brauen waren zwar aufgemalt, wollten aber buschig wirken. Immerhin waren sie fast gerade und fast an der richtigen Stelle – was Daniela Nofretete Katzenberger ja lange Zeit erfolgreich vermieden hat. Die Grauenbrauen tendierten farblich ins Lila – kein schöner Anblick, wenn man mich fragt. Aber man fragt mich ja nicht – wie so oft.
Frauenzeitschriften wie die Brigitte ahnen allerdings wie immer schon den nächsten Trend – offenbart naht das schreiberische Sommerloch im Sauseschritt. So genannte „Brow Bars“ eröffnen im Minutentakt und lösen damit wohl die Nagelstudios als Anlaufstelle ab. Die neuen Brauen – so die Brigitte – seien nicht mehr glatt gemalt, sondern wüchsen in ihrer ganzen Pracht so, wie Gott sie bei Theo Waigel erdacht hat. Völlig neue Geschäftsbereiche eröffnen sich vor meinem geistigen Auge. Brauenimplantierungsinstitute etwa oder Brauenverlängerungssalons.
„Hm?“ fragte ich. Lisa-Maries Mutter hatte gerade etwas erzählt, was komplett an mir vorbei gegangen war. Ich musste, während sie sprach, mehrfach an meine Großeltern denken, die es sich mit uns Kindern unwiderruflich verscherzt hatten, wenn sie, was öfter vorkam, uns durch die Haare strubbelten, ein Taschentuch herausholten und mehr oder weniger dezent hineinspuckten. Ihr Satz „Du hast da was“ kam zeitgleich mit irgendwelchen vagen Wischbewegungen, vorzugsweise an unserer Wange. Mein Gott, oder, wie Lisa-Marie vielleicht sagen würde, OMG, war das jedesmal eklig. Jedesmal.
„Hm?“; ich hatte schon wieder eine Frage verpasst. Ich hatte genug damit zu tun, den Reflex zu unterdrücken, an Töchterleins Augenbrauen herum zu rubbeln. Gottlob pflege ich eher selten ein Taschentuch dabei zu haben. Und aus Lisa-Maries wunderschönen Augen schossen ohnehin schon kleine blasierte Langeweileblitze. „Wir müssen jetzt los“, sagte meine alte Freundin etwas enttäuscht, und Lisa-Marie erhob sich erleichtert, um mir huldvoll die Hand zu reichen. Ich reichte huldvoll zurück und erwog kurzfristig, Lisa-Marie einige Brauentipps zu geben. Denn meine recht stattlichen Exemplare befinden sich schon in meinem Gesicht, wenn ich morgens aufwache. Und zwar da, wo sie immer sind. Unwiderruflich. Ich habe auch dieser Regung widerstanden und musste mir selbst kleinlaut eingestehen, dass ich wohl zu alt für manche Moden bin.
„Hm?“ fragte ich. Lisa-Maries Mutter hatte gerade etwas erzählt, was komplett an mir vorbei gegangen war. Ich musste, während sie sprach, mehrfach an meine Großeltern denken, die es sich mit uns Kindern unwiderruflich verscherzt hatten, wenn sie, was öfter vorkam, uns durch die Haare strubbelten, ein Taschentuch herausholten und mehr oder weniger dezent hineinspuckten. Ihr Satz „Du hast da was“ kam zeitgleich mit irgendwelchen vagen Wischbewegungen, vorzugsweise an unserer Wange. Mein Gott, oder, wie Lisa-Marie vielleicht sagen würde, OMG, war das jedesmal eklig. Jedesmal.
„Hm?“; ich hatte schon wieder eine Frage verpasst. Ich hatte genug damit zu tun, den Reflex zu unterdrücken, an Töchterleins Augenbrauen herum zu rubbeln. Gottlob pflege ich eher selten ein Taschentuch dabei zu haben. Und aus Lisa-Maries wunderschönen Augen schossen ohnehin schon kleine blasierte Langeweileblitze. „Wir müssen jetzt los“, sagte meine alte Freundin etwas enttäuscht, und Lisa-Marie erhob sich erleichtert, um mir huldvoll die Hand zu reichen. Ich reichte huldvoll zurück und erwog kurzfristig, Lisa-Marie einige Brauentipps zu geben. Denn meine recht stattlichen Exemplare befinden sich schon in meinem Gesicht, wenn ich morgens aufwache. Und zwar da, wo sie immer sind. Unwiderruflich. Ich habe auch dieser Regung widerstanden und musste mir selbst kleinlaut eingestehen, dass ich wohl zu alt für manche Moden bin.